* 15. September 1890
† 21. November 1974
von Bernhard Billeter
Essay
Die langsam, aber stetig wachsende Rezeption der Musik von Frank Martin, des neben Arthur Honegger bekanntesten Schweizer Komponisten, ist hinsichtlich ihrer Gattungen ungleich verteilt. Häufiger aufgeführt werden die geistlichen Werke, die leistungsfähigen Laienchören gerade noch zugänglich sind und deren musikalische Sprache von den Ausführenden und ihrem Publikum geliebt wird. Auch Gesangs- oder Instrumentalsolisten, die meist schon in ihrer Ausbildung mit Martins Vokal- und Kammermusikwerken, Konzerten und Balladen in Berührung gekommen sind, bleiben seiner Musik ihr Leben lang treu – nicht nur aufgrund ihrer Eignung für die Stimme oder das Instrument und der Ausschöpfung der virtuosen Möglichkeiten, sondern weil die emotionale Tiefe der Musik berührt. Martins Beiträge zum spartenübergreifenden Theater, die von in Musik gesetzten Schauspielen tragischen und komischen Inhalts über geistliche Mysterienspiele und Volkstümliches bis zum Ballett reichen, passen indes in keine der gewohnten Schubladen des Theaterbetriebs. Ähnlich ergeht es einigen Orchesterwerken sowie nicht abendfüllenden Chorwerken, die in ein »normales« Konzertprogramm integriert werden müssten. Viele beachtenswerte Werke bleiben vernachlässigt. Immer noch werden die Komponisten der Wiener Schule im Kontext der Neuen Musik aufgeführt, während Martin und andere trotz ihres Einbeziehens von Zwölftonreihen umgangen werden.
Martins Außenseiterrolle wird verständlicher, wenn ...